Denglongba, Kleiderraum erkunden und Essen mit den Lehrern (Dominik)

Es wird hier einfach echt nicht langweilig und egal, wie oft wir uns vornehmen - „Morgen räumen wir unser Zimmer richtig ein“ und „morgen spülen wir die Töpfe, die unsere Vorgänger uns netterweise (dreckig -.-) hinterlassen haben“ – es klappt einfach nicht…

 

Am Morgen trafen wir uns mit Christoph, Nora, Caro, Pia und Sara und bekamen von Fiona eine weitere Stunde Lisu-Unterricht. Diese Sprache ist echt lustig, besitzt ihr eigenes Alphabet, in dem mehrere Buchstaben von uns umgedreht vorkommen, und hat gar keine richtige Grammatik. Sie ist allerdings sehr wichtig für uns, da die Hälfte aller Leute hier Lisu spricht, besonders allerdings die Streetkids und ihre Familien. (Wenn wir die Sachen abgetippt haben, können wir mal eine Vokabelliste hier reinstellen. Einer der wichtigsten Sätze ist allerdings „Was hast du gesagt?“. Wir können den zwar nicht mit den richtigen Buchstaben abtippen, aber man spricht ihn aus, wie die hessische-Maddin-Schneider-Version von Aschenbecher (Aschäbäscher) nur ohne das letzte „scher“) Nach dem Unterricht fuhren wir wieder ins Streetkidsdorf nach Xiaoshaba und konnten sofort unsere neuen Sprachkenntnisse einsetzen und den Leuten etwas näher kommen, die natürlich nur Fiona richtig kennen und zu uns noch kein richtiges Vertrauen haben. Allerdings hat Fiona uns nochmal richtig vorgestellt und den Leuten auch erklärt, dass Pia „die neue Fiona“ wird, also die neue Ansprechpartnerin für sämtliche Probleme, besonders jedoch in Bezug auf Schule und Gesundheit.

Danach gingen wir essen, wobei das Dreierteam Nora, Caro und Christoph uns verlassen mussten. Wieder einmal gab es neue, interessante Gerichte, wie süßen, panierten Kürbis, oder wirklich leckere Pilze. Als wir einen Jungen aus dem Streetkidsdorf, der jetzt zur Schule gehen darf, und seinen Vater auf der Straße trafen, luden wir sie gleich zum Essen ein, da wir viel zu viel bestellt hatten. Wie die Chinesen allerdings so sind, haben sie sich erst nicht getraut, die Einladung anzunehmen und wir mussten sie fast ins Lokal zerren.

 

Am Nachmittag wollte Fiona nach Denglongba fahren, wo sie fast das ganze Jahr gelebt und unterrichtet hat. Mit dem Minibus fuhren wir dorthin und insgesamt waren wir 9 Leute im Bus. Dass das eine Person zu viel war merkten wir daran, dass direkt vor einer Polizeikontrolle der Busfahrer einem älteren Mann im Bus etwas sagte und dieser sich daraufhin zwischen Beifahrersitz und Mittelbank zusammenkauerte und seine Ehefrau etwas nach rechts rutschte, um seinen Platz so gut es ging auszufüllen. Direkt nach der Kontrolle setzte sich der Mann wieder richtig hin und wir fingen schallend an zu lachen, da wir dann erst verstanden hatten, was vor sich ging. Wir fuhren in etwa eine halbe Stunde nach Norden den Fluss entlang, vorbei an einem Wasserfall und vielen Reisfeldern, die gerade abgeerntet werden. Mitten im Feld hielt der Bus jedoch an, weil sich schon ein sehr langer Stau gebildet hatte. Wir stiegen also aus, um den letzten Rest zu laufen. Es stellte sich heraus, dass ein kleiner Straßenabschnitt neu geteert worden war, aber alle Autos so dicht an die Baustelle herangefahren waren, dass sie alles verstopft hatten. Überall wurde deswegen auch wieder gehupt. Auf dem Weg ins Dorf trafen wir viele Leute, darunter mehrere Freunde von Fiona, die uns ins Dorf führten und dann mit uns weiter zu einem kleineren Fluss gingen, der in den Nujiang mündet. Dort liefen wir ein Stück durch den Fluss und kamen zu einer Art Lagune, in der schon mehrere Kinder badeten. Wir sprangen mit unseren Klamotten hinterher und konnten uns endlich in der Nachmittagshitze etwas abkühlen. Pitschnass stiegen wir hinterher wieder aus dem Wasser und wurden von Fionas Freundinnen zum nächsten Gebäude geführt, aus der die heiße Luft einer Klimaanlage herausströmte und uns innerhalb kürzester Zeit trocknete. Beim Trocknen sah ich die größte, frei lebende Spinne meines Lebens, die den größten Schmetterling gefangen hatte, den ich je gesehen habe. Dazu sah ich noch einen toten Nashornkäfer (Bilder folgen). Das Dorf Denglongba (ca. 1000 Einwohner?!) selbst ist ziemlich verschlafen, aber voller netter, aber auch armer Leute, die uns fast alle ansprachen und sehr interessiert an uns schienen. Außerdem kannten sie natürlich alle noch Fiona. Es war echt ein schöner, ruhiger Tag, der eine willkommene Abwechslung zum hektischen Stadtleben von Liuku (ca. 150.000 Einwohner) darstellte.

 

Abends gab es in unserer Schule eine Art Open-Air-Kino auf dem Sportplatz, zu dem fast alle Schüler da waren. Es wurde ein Film gezeigt, in dem Szenen aus der Geschichte Chinas "leicht" überdramatisiert gezeigt wurden. Wir setzten uns mitten zwischen die Schüler, was diese völlig aus dem Häuschen brachte, und schauten den Film. Da wir allerdings die Handlung nicht wirklich verstanden, aber zweimal Wörter der Rubrik „Essen gehen“ erkannten, synchronisierten Ribana und ich den Film einfach neu und hatten eine Menge Spaß. Wahrscheinich ging es wirklich um Essen…

 

Den nächsten Tag begannen wir wieder mit Lisu-Unterricht und räumten danach den Kleiderraum auf, in dem die gesammelten Klamotten der letzten Monate liegen. Bis wir uns allerdings durch den dichten Kleiderdschungel gekämpft haben, werden noch Wochen vergehen. Wir haben bis jetzt nur etwa die obersten 10 Zentimeter des gefühlt 3 Meter hohen Berges in die Kategorien "Kleinkinder", "Schulkinder" und "Erwachsene" eingeteilt und in Säcke verpackt. Dieses Mal waren wieder Pia und Sara, aber auch Lennard und Valeska mit von der Partie. Sogar ein paar der Schüler wollten uns helfen

 

Abends wurden wir von den Englischlehrern unserer Schule eingeladen. Das sind 6 Lehrerinnen und ein Lehrer, die sich zu siebt auf 1400 Schüler verteilen und allesamt total nett und lustig sind. Es gab Hot Pot zu essen. Dazu gehört ein großer Topf in der Mitte des Tischs, der mit Suppe und Gemüse wie Tomaten, Karotten und Ingwer gefüllt ist. Außerdem schwimmt in der Suppe ein komplettes Huhn. Nun bekam jeder am Tisch Teile dieses Huhns in sein Schälchen. In meinem Fall ein paar wirklich essbare Stücke Fleisch mit nur wenig Knorpel, Knochen und Fett, aber dann bekam ich das Teil, welches für die wichtigste Person am Tisch gedacht ist. Normalerweise ist das der Opa oder der Vater, aber in diesem Fall sind es die Gäste und somit durfte ich mich über den Hühnerkopf freuen. Yippieh. Ich fragte Amy, die jüngste Lehrerin, wie und was ich davon essen kann. Sie antwortete: „Alles was du schlucken kannst. Aber nicht die Knochen“. Soso. Dankeschön. Ich fing an mit dem Kamm und ein wenig Fleisch im Nacken. Ich wurde von sämtlichen Leuten beobachtet und Amy fragte mich: „Und? Was denkst du? Ich finde am leckersten die Augen und das Gehirn!“ Also ich sie leicht verwirrt fragte, wie ich da denn rankommen soll meinte sie ganz locker, dass ich doch nur den Kopf knacken müsste. Ich „knackte“ also den Kopf und entdeckte das wabbelige, angeblich echt leckere Hirn. Die Konsistenz und der Gedanke daran waren echt eklig, aber ich überlebte es, während Ribana mir vorschmatzte, wie lecker doch die Hühnereier waren, die sie abbekommen hatte. Die Augen ließ ich weg, da es schon vorher genug beim Schädelknochenknacken gespritzt hatte und ich auch nicht so erpicht auf die Augen war. Nachdem das Huhn vollständig aufgefuttert war, kamen 2 fast komplette Fische in die Suppe und hier bekam ich den leckeren Teil und Ribana den Fischkopf. Die Augen des Fischs müssen wohl gar nicht so übel sein (fragt Ribana…). Wenn man diese seltsamen Sachen umgehen wollte, musste man sich übrigens am in Chili getränkten Gemüse versuchen. So oder so: Augen zu und durch!

Das Anstrengenste am Essen war jedoch, dass jeder Lehrer einmal mindestens zu einem kam und einen Toast aussprach und dann das Bierglas mit einem trank. Dazu jedes Mal aufstehen, Bedanken, wieder hinsetzen, Glas auffüllen. Nach einem kleinen Wetttrinken mit Mr. Li, dem einzigen Lehrer am Tisch, konnten Ribana und ich uns allerdings für die Leckereien beim Essen revanchieren und jedem ein Fläschchen Kräuterlikör und ein Stück RitterSport geben. Der Anblick der Lehrer, während sie den „Jagdstolz“ tranken, war das Hühnerhirn echt wert.

Wir werden uns demnächst öfters mit den Lehrern treffen und das nächste Mal zusammen Kartoffelpuffer kochen, was wir ihnen auch zu Sagen beigebracht haben (Kahdofähpufaah). Die Lehrer sind aber echt super und ich jedenfalls freue mich sehr, demnächst mehr mit ihnen zu unternehmen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Bjoern (Donnerstag, 13 September 2012 01:07)

    Die groessten frei laufenden Spinnen gab es ja wohl in unserer Wohnung. Schoene Gruesse aus Gambach. Das ist da wo die Haehnchen knusprig und ohne Kopf serviert werden. Ich weiss, das muss fuer euch ekelhaft klingen. Aber wenn man sich erst mal daran gewoehnt hat geht es eigentlich.

  • #2

    Ralf (Dienstag, 02 Oktober 2012 07:48)

    Dazu passt auch die aktuelle Werbung von sunpoint.de...

    "Nur gebräunt ist lecker"

 

 

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