Dali (Dominik)

Am Mittwoch hatten wir für 12:20 Buskarten nach Xiaguan, die Neustadt von Dali, um 12:10 waren wir endgültig mit Packen fertig und machten uns auf den Weg zum Busbahnhof... Leicht verschwitzt saßen wir um 12:22 doch noch im Bus und hatten von nun an erst mal Ruhe. (Liebe Grüße an meine Mutter, die sich jetzt sowas denkt wie "Typisch! Wie jedes Mal...")

Nach einer 4-stündigen Fahrt durchs Gebirge erreichten wir das auf 2000m Höhe liegende Dali. Dort war es einige Grad kälter, als in Liuku, aber der ziemlich starke Wind war das eigentliche Problem, denn bei uns in Liuku ist es quasi nie windig. Im Linienbus von Xiaguan nach Dali (Dauer: 30 Minuten --> Preis: 0,17€) fuhren zwischen dem tiefblauen Erhai(-See), der zweitgrößte Hochlandsee Chinas, und dem Cangshan(-Gebirge), das über 4000 Meter hoch ist, entlang.

Die Stadt hat eine sehr reiche Geschichte, war Hauptstadt des Nanzhao- und des Dali-Königreichs und ist ca. 2000 Jahre alt. Von den Mongolen (unter Kublai Khan) zerstört, wurde sie in der Ming-Dynastie (1368-1644 n.Chr.) wieder aufgebaut und die Altstadt ist seitdem gut erhalten geblieben.

Ribana und ich kamen gegen Abend im Jade Emu Hostel an, welches von einem Australier geführt wird und dort teilten wir uns ein Zimmer mit 2 Französinnen und einem sehr schweigsamen Mann. Wir mussten jedenfalls sehr schnell feststellen, dass man plötzlich nicht mehr der Superstar ist, wenn es genug ausländische Touristen gibt und die gibt es in Dali.

Am ersten Abend erkundeten wir die Altstadt und ließen erstmal alles auf uns wirken. Am nächsten Morgen konnten wir das erste Mal seit dreieinhalb Monaten warm duschen. Das nutzten wir auch gut aus und gingen danach in Hostel frühstücken, wo wir Toastbrot mit Erdnussbutter, Spiegeleier und Müsli aßen. Dazu gab es Kaffee. So ein westliches Frühstück hat was!

Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg Richtung Norden und wollten zuerst die Fischerdörfer am nördlichen Ende des Sees erkunden, damit wir nicht die Altstadt in- und auswendig kennen, wenn die anderen Freiwilligen ankommen und wir wieder mit ihnen durch die Stadt laufen.

Wir fuhren über eine halbe Stunde nach Norden und kamen in Shaping an, einem Dorf, das Yunnans größten Wochenmarkt beherbergen soll. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, denn der Markt findet (nur) montags statt und nicht am Donnerstag... Die ruhigen, malerischen Fischerdörfer waren trotzdem sehr sehenswert und unterscheiden sich deutlich von den Dörfern in Nujiang, da hier in Dali die Bai-Minderheit den größten kulturellen Einfluss ausübt. An einem kleinen Markt deckten Ribana und ich uns auch mit der Kleidung der Bai ein und fuhren nach einem entspannten Nachmittag zurück nach Dali. Mittlerweile waren auch Luca, Madita, Momme, Nina und Valeska angekommen und wir verbrachten den Abend gemeinsam. Am Freitag gingen wir nach Caicun, dem Fischerdorf in nächster Nähe zu Dali und entspannten am See. Am Abend war mit Lennard unsere Gruppe auf 8 Leute gewachsen. Am Samstag gab es dann auch endlich das lang erwartete Wiedersehen, denn bis auf Max und Jonas kamen alle 31 Freiwilligen nach Dali. Wir überfluteten gemeinsam die Altstadt und trafen an sämtlichen Ecken andere Grüppchen von uns und schlossen uns wieder anderen Gruppen an. Abends gingen wir alle gemeinsam in ein indisches Restaurant, was mit uns 29 Leuten um diese seltsame Uhrzeit (20:00...) sichtlich überfordert war. Es gab zwar einige Probleme, [auf die ich einigen Personen zu Liebe verzichte,] aber das, was kam, hat auch geschmeckt. Am Sonntag machten wir alle zusammen eine Fahrradtour ins 20km entfernte Fischerstädtchen Xizhou, wo wir gemeinsam auf einer idyllischen Halbinsel in der Sonne lagen und wieder zusammen Essen gingen. Das war übrigens mein erstes Weihnachten mit einem leichten Sonnenbrand auf der Nase. Während die 20° in Deutschland den absoluten Wärmerekord darstellen, ist in unserer Präfektur Nujiang momentan der kälteste Winter seit 85 Jahren, worüber sich einige Chinesen permanent aufregen. Egal wo man im T-Shirt auftaucht, wird man gefragt, ob man nicht gerade total friert.

Wir hatten übrigens an diesem Tag die Auswahl zwischen einem gut gefederten Mountainbike und einem feschen Damenrad mit Schutzblech, Korb und Gepäckträger. Mein Rücken, mein Hintern und meine Jacke beschwerten sich im Nachhinein, dass ich nicht das Damenrad genommen hatte, denn der Rucksack wurde immer schwerer, der Sattel immer härter und die Baustellenschlammspritzer auf meiner Jacke sahen definitiv nicht schön aus. Die Mountainbikefraktion quälte sich jedenfalls nach Hause, da wirklich alle Probleme hatten. Spaß gemacht hat es trotzdem.

An Heiligabend teilte sich die Gruppe auf und ich fuhr mit 10 Leuten nach Xiaguan, Dali-Neustadt, die wie eine typische, chinesische Großstadt aussieht, aber in der man gut Einkäufe tätigen kann. Da ich mir beim Sturz in einen der Kanäle Dalis eine meiner 3 Hosen völlig zerstört hatte und auch die anderen beiden bereits Löcher aufweisen, konnte ich mir 2 Hosen kaufen, da das in Liuku für mich schwieriger ist. Auch eine flauschige Pullijacke kam mit, während sich Ribana in einem endlosen Kampf doch für ein Paar Schuhe entschied. Im "Wonderful Shopping Center" fanden wir im 3. Stock das für Lachanfälle sorgende "Pineapple Cake Cultural Center" (zu Deutsch: Ananas-Kuchen-Kultur-Zentrum), in dem es aber unglaublich leckeren Kuchen (nach westlichem Standard) gab. Nachdem alle Weihnachts- und Wichtelgeschenke gekauft waren, fuhren wir nach Dali zurück und packten alles ein. Wir hatten uns im Hostel für das schwedische Weihnachtsbarbeque angemeldet und das hatte es in sich. Es gab leckere Salate, Würstchen, gegrilltes Fleisch und Gemüse, Brot, Käse, Obst, Crème Brulée und Bowle. Da ich mit Geschenkeverpacken am längsten gebraucht habe, fand ich keinen Platz mehr am Gruppentisch und setzte mich mit ein paar weiteren Nachzüglern zu den Franzosen, Schweizern und Chilenen an einen Tisch und sangen gemeinsam ein Loblied auf den Käse!

Nach dem Essen spielte Marie den Weihnachtsmann und verteilte die Wichtelgeschenke. Ribana bekam eine Schmuck-Haarnadel und ein Zeichenheft. Ihr Wichtel war Linda und diese schaffte es, bis zum Ende geheim zu bleiben. Ich bekam von Tom einen Angry-Birds-Wecker über den ich mich (, für den Fall, dass Tom das hier liest: wirklich, wirklich!!!) sehr gefreut habe.

Von Momme bekam ich eine Zwille und mit Luca und Momme stand ich zu dritt draußen vor dem Tor und schoss kleine Kreidestücke gegen einen Strommast, bis das chinesische, leicht angeheiterte Hostelpersonal heraus kam, da sie uns auf der Überwachungskamera gesehen hatten, und mitschießen wollte.

Von den Gongshanlern bekamen ich 1000-jährige Eier, (über die wir noch berichten werden,) und zusammen mit Ribana, die sich noch über Ohrringe freuen durfte, eine Packung FerreroRocher.

Der Höhepunkt des Abends kam aber erst, als wir uns wieder alle gemeinsam auf den Weg in die Innenstadt machten, wo die absolute Eskalation stattfand. Ca. 100 Verkäufer boten Sprühschneeflaschen an und man schaffte es kaum in die Stadt hinein, ohne nicht von irgendeinem Chinesen angesprüht zu werden. In der Stadt war man auch nirgends sicher und wenn man sich zu weit von der Gruppe entfernte, wurde es schwer gefährlich, denn wenn man dann von einem Chinesen entdeckt wurde, schrie dieser "LAOWAI" (alter Fremder --> kurz: Ausländer) und 10 Chinesen aller Altersgruppen stürzten sich bis an die Zähne mit Schnee bewaffnet auf dich.  Der Schnee-Krieg, der wirklich ein Erlebnis der besonderen Art war, dauerte bis halb 12 und wurde dann von der Polizei beendet, die dauerhaft aufpasste, dass niemand verletzt wird. Man merkte erst zu Hause, wie ungesund die ganze Sache doch war, denn ich hatte Halsschmerzen, die Augen brannten, alles klebte und stank und nicht zuletzt hatte ich sogar leichte Schatten vor den Augen, die erst nach dem zweiten Duschen am nächsten Morgen völlig verschwunden waren. Als wir mittags durch die Stadt gingen, waren nahezu alle Spuren beseitigt, denn aus leeren Flaschen kann man Geld machen und wer möchte nicht Geld machen? Die wenigen Flaschen, die nicht schon am Abend eingesammelt waren, wurden spätestens bei Tageslicht mitgenommen und so fand man vielleicht noch hier und da einen Deckel einer Flasche. Wir nahmen an diesem Tag die ruhigen Seiten der Stadt mit besuchten einen schönen Park. Abends spielten wir endlich Werwölfe und hatten auch einen Russen mit dabei, der das Spiel bis zum Schluss nicht ganz verstanden hatte, aber sich hinterher noch mit uns unterhielt und es war sehr interessant, seinen Ansichten über Länder und Grenzen mitzubekommen und er erzählte uns viel von den Minderheitenvölkern, die er in China kennengelernt und studiert hat und die sich über verschiedene Länder verteilt haben und trotzdem ein Volk sind. Er gab uns außerdem noch wertvolle Reisetipps und war für mich die interessanteste Person, die ich im Dali getroffen habe.

Am Mittwoch machte sich eine große Gruppe auf, um einen der Cangshan-Berge zu besteigen und wir wanderten über 1000 Meter den Berg hinauf und hatten eine wahnsinnige Aussicht auf die Stadt, den See und die Berge dahinter. Außerdem besichtigten wir ein taoistisches Kloster und entdeckten einige seltene Vögel und Pflanzen. (Yippieh!)

Auf dem Berg bekamen wir sogar einige Schneeflocken ab, denn dort kann sich das Wetter im Minutentakt ändern. Den kurzen, aber starken Regen verpasste ich mit meiner Bergabstiegsgruppe, da wir in einer Hütte Zuflucht fanden, aber die anderen standen das erste Mal seit vielleicht 2 Monaten wieder im Regen.

Was ich seit dem 1. September nicht mehr gemacht hatte, war eine Pizza essen und das änderte ich mit einigen anderen. Es gab sogar Thunfischpizza :-)

Am Donnerstag packten wir nur noch unser Zeug, verabschiedeten uns von allen und fuhren wieder nach Liuku zurück. Michael blieb noch 2 Nächte bei uns und die Gongshanler kamen auch für eine Nacht bei uns vorbei, in der, nachdem sie unser Weihnachtsgeschenk bekamen, Helen den mittlerweile legendären Spruch brachte: "Ihr wollt doch nur, dass wir genauso fett werden, wie ihr".

Alle Fugongler und Gongshanler kamen also auf dem Rückweg nochmal bei uns vorbei, um vor allem auch einige Kleidungskisten mitzunehmen und man verabschiedete sich mit den Worten: "Bis zu den Ferien", die immer schneller näher kommen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Ute Ratz (Montag, 07 Januar 2013 18:28)

    Toller Bericht und danke für die Grüße. Im "Hosen zerreißen" scheinst Du Weltmeister zu werden!!!! Vielleicht versuchst Du es mal mit Röcken.Wir wünschen Euch einen schönen Urlaub und freuen uns auf die nächsten Nachrichten.Liebe Grüße von daheim.

 

 

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