Lazy Song/Kleiderverteilung in Luobenzhuo

Der Tag fing früh um 8 Uhr mit 2 Stunden Unterricht an. Wir spielten mit den Schülern ein Vokabel-Wiederholungsspiel und hörten danach den "Lazy Song" von Bruno Mars, in dem es darum geht, dass der Sänger heute einfach mal nichts machen möchte. Das dieses Lied bei den Schülern gut ankommen würde, hatten wir von Anfang an gewusst.

Ein mysteriöser, einäugiger Mann namens WeiSiLing, der sich den englischen Namen Wesley gegeben hat und immer mal wieder in Liuku aufgetaucht war, um mit uns zu reden, hatte sich für diesen Tag angemeldet, um in unseren Kleiderraum zu schauen. Er ist nämlich in der Kirche aktiv und an sozialen Projekten interessiert, besonders wollte er gerne ein paar Gemeinden in Luobenzhuo, dem nördlichsten Teil unseres Countys Lushui, mit Kleidern versorgen.

Um 10 Uhr wollte er da sein, um halb 11 kam er dann mit einem Geländewagen und einem Fahrer. Wir schauten uns den Raum an und er zeigte mir "Daumen-hoch" bei der Menge unserer Kleider. Außerdem wollte er mit uns nach Luobenzhuo fahren und uns die Dörfer zeigen. Zwar hatten nur Ribana und ich Zeit, aber trotzdem wollten wir die Gelegenheit wahrnehmen und fuhren los, denn wir hatten ja auch nichts zu verlieren. Wir sagten ihm aber noch deutlich, dass wir uns die Dörfer erst ansehen möchten und erst beim nächsten Mal Kleider mitnehmen würden, da das Ganze ja gut geplant werden sollte und wir auch gar nicht mit Sicherheit sagen konnten, dass die Kleider dort benötigt werden. Er willigte ein. Wir fuhren los, aber bogen rechts ab auf die Nujiangbrücke und blieben nicht auf dem richtigen Weg. Stattdessen fuhren wir zu einer Lagerhalle außerhalb Liukus, wo man auch LKW's mieten kann. In der Halle sahen wir ebenfalls riesige Kleidersäcke und uns wurde leicht mulmig, weswegen wir Nina Bieber anriefen, die Wesley für uns fragen sollte, was er denn vorhabe. Dieser erklärte dann, dass er 28 Bergdorffamilien (ca. 300 Leute) angerufen habe, die nun alle auf dem Weg ins Tal seien, um dort unsere Kleidung abzuholen... Soso... Nun mussten wir schnell entscheiden, was wir machen. Einerseits ist es ja super, wenn wir, ohne die Fahrt finanzieren zu müssen, so viele Menschen mit Kleidung versorgen können, zu denen wir nicht mal selbst Kontakt haben. Andererseits war die Aktion nicht mit allen abgesprochen, wirkte etwas zu chaotisch und ungeplant und wir waren schließlich auch nur zu zweit. Nachdem wir mit allen telefoniert hatten, entschlossen wir uns dazu, es doch zu probieren, da diese Familien eben schon längst unterwegs waren und wir das Gefühl hatten, nicht mehr auf Wesleys Hilfe bauen zu können, wenn wir nun absagen würden. Also fuhren wir zu unserer Schule zurück, luden kistenweise Kleider in einen LKW, kauften mit Wesley zwei Decken und fuhren erst um halb 2 richtig los. Die Fahrt dauerte 2 Stunden und um halb 4 gingen wir dann zuerst in ein Restaurant, anstatt sofort anzufangen. Wir erfuhren dann, dass nur die Familienoberhäupter gekommen waren, um für ihre Familien alles mitzunehmen. Da Wesley Listen von allen Familien hatte, dachten wir, dass es so auch klappen müsste. Um 4 sortierten Ribana und ich die Kisten nach Männer-, Frauen- und Kinderkleidung und wollten gerade so richtig loslegen, da stellte sich Wesley in den Weg und motzt uns an, wir sollten den Leuten einfach die Kisten geben und fertig. Wir sagten ihm, dass es anders abgesprochen war und wir entscheiden, wie es gemacht wird. Er meinte, dass die Listen falsch seien, es bald regnen würde und wir deswegen keine Zeit mehr hätten, weswegen er sofort zurückfahren möchte. Leicht hilflos, weil wir keinen Überblick hatten und niemand Englisch sprechen konnte, überlegten Ribana und ich nun, was wir tun könnten, da wir auf keinen Fall einfach nur die Kleider abstellen und wieder fahren wollten.

Wir probierten daher, den Leuten zu erklären, dass sie die Kleider mitnehmen, aber verpackt an einen zentralen Ort lagern sollen, bis wir ins Dorf kommen, um sie zu verteilen, möglicherweise schon einen oder zwei Tage später. Das war allerdings nicht möglich, da die Leute nicht direkt zusammen wohnen und deswegen müsse die Kleidung direkt am nächsten Morgen verteilt werden. Also schlugen Ribana und ich vor, mit den Menschen ins Dorf zu wandern, um die Kleider so gut es geht an die Menschen zu bringen. Wesley mischte sich ein und meinte, dass die Leute uns gar nicht dahaben wollen. Einige Dorfleute, die auch schon schwer genervt von Wesley waren, sagten ihm, dass wir sehr wohl mitkommen dürfen. Der Dorfchef allerdings blieb skeptisch und meinte, wir sollten lieber nicht mitkommen, da es die Regierung allen Ausländern verboten hätte, in Bergdörfer zu gehen und er Konsequenzen befürchte. Eine Bekannte am Telefon bestätigte dies sofort und so schienen wir keine Chance mehr zu haben, die Kleider, wie wir es wollten, verteilen zu können. Wir ließen uns noch die Nummer des Bergdorfchefs geben, sprachen mit ein paar Leuten, die uns erklärten, dass ihr Dorf wirklich arm sei und eine richtige Straße dorthin erst in 3 Jahren gebaut werden wird, weswegen es momentan nur einen Trampelpfad gebe, machten ein paar Fotos mit den Dorfleuten und ließen uns versprechen, dass sie die Kleider gut und fair unter den Dorfleuten aufteilen würden. Somit hatten wir rund 700 Kleidungsstücke an 300 Leute gebracht und konnten im Nachhinein doch zufrieden mit der Aktion sein. Somit sind wir das allererste Mal in der Situation, kaum noch Kleider in Liuku zu haben.

Mit Wesley werden wir wohl nicht mehr zusammenarbeiten, auch wenn wir uns auf der Rückfahrt mit ihm "vertragen" haben.

Abends um 8 waren wir wieder zu Hause und es kam uns so vor, als hätten wir eine Woche zuvor mit unseren Schülern gesungen: Today I swear I'm not doing anything... nothing at all.

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